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Veit-Peter Walther: Dicky

Die ganze Angelegenheit begann damit, dass meine dicke Mutter mit meinem dicken Vater ein Kind zeugte. Mich. Ein dickes Baby. Sie tauften mich Dicky. Aus mir wurde ein dickes Kind. Inzwischen bin ich ein dicker Teenager.

In der Schule hab ich Probleme. Nicht mit dem Lernen, nein doof bin ich nicht. Nur dick! Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht gehänselt, belästigt, gar geschlagen werde. Von zerstochenen Fahrradreifen mal abgesehen.

Gestern passierte es wieder. Die drei fiesen Typen aus der 11 A waren auf dem Heimweg hinter mir her. Im Stadtpark war es dann so weit: blöde Sprüche, Hin- und Hergeschubse, Gerangel, Ausleeren der Schultasche, dann ne Faust auf die Nase.

„Alle Mächte dieser Welt – bitte, bitte helft mir“, flehte ich innerlich, während ich Blut und Tränen abwischte. Rumms, nach dem nächsten Schlag lag ich auf dem Boden. Mein Kopf brummte.

Da hörte ich eine Stimme: „Dicky, ich helfe dir, was soll ich tun?“ „Weiß nicht“, sagte ich und bekam einen Tritt in den Bauch. „Ich habe mich entschieden“, sagte die Stimme. Da sah ich, wie Robi, Knut und Dierk mit einem blöden Grinsen im Gesicht langsam schrumpften und schrumpften, bis auf Daumengröße schrumpften.

Ich träume oder bin schon tot oder so, dachte ich, sagte „Danke für die Hilfe“ und verstaute meine Schulsachen. Die drei sperrte ich in meine Brotzeitbox.

Zuhause hielt Mam schon zwei Big Mäc mit allem, Pommes und Cola bereit. Als Nervenstärkung einen doppelten Milchshake. Für Cäsar, unseren dicken Mischlingshund schüttete ich eine Dose Schappi vom Rind mit Nudeln, Karotten, Vitamin C, D und E in den Napf.

Die Däumlinge Roby, Knut und Dierk mischte ich als Leckerli dazwischen.

Ab morgen gehe ich auf Diät. Versprochen!

Mai 2015

 
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